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Erziehung Familie Kinder

Kinder entwickeln sich im eigenen Tempo

22.11.2019
von Sybille Bruetsch-Prevot

Nur einen Wimpernschlag dauerts vom ersten Lächeln bis zum ersten Freund – Eltern können es oft kaum fassen, wie schnell aus dem «gerade eben noch» süssen, hilflosen Baby ein selbstbewusster Teenager geworden ist.

«Bist du gross geworden!» Wie schnell Babys wachsen, sieht man an den vielen Kleidchen, die bereits nach kurzer Zeit wieder zu klein sind. Dass das Kind währenddem auch in seiner Entwicklung grosse Fortschritte gemacht hat, merken die Eltern vor allem dann, wenn sie Fotos oder Filme aus der ersten Zeit nach der Geburt ansehen. 

Die ersten Lebensmonate

Vom Säugling zum Kleinkind: Im ersten Lebensjahr beginnt das Baby zu lächeln, hebt selbstständig den Kopf, greift nach Spielsachen, fängt an zu krabbeln und – kommt da wirklich schon der erste Zahn? Bis zum sechsten Monat etwa begegnet das Kind allem Unbekannten fröhlich und neugierig und es lächelt alle fremden Menschen an. Oft ist dann plötzlich Schluss damit und das Kind beginnt zu fremdeln. Eine ganz natürliche, normale Phase. Wichtig ist, dass Eltern dabei der sichere Hort sind, den das Kind benötigt, und ihm mit Liebe und Verständnis begegnen. Babys sollen Gelegenheit haben, sich an neue Gesichter aus sicherer Distanz zu gewöhnen – und dürfen der fremden Person nicht einfach in den Arm gedrückt werden. Denn das Fremdeln ist echt erlebte Angst und nie einfach blosses Nervenwollen.

Im ersten Lebensjahr beginnt das Baby zu lächeln, hebt selbstständig den Kopf, greift nach Spielsachen, fängt an zu krabbeln und – kommt da wirklich schon der erste Zahn?

Wichtige Trotzphase

Nach dem ersten Geburtstag macht das Kind vor allem sozial grosse Entwicklungsschübe durch. Es beginnt zu merken, dass seine eigenen Wünsche nicht immer erfüllt werden, und das ist mit Wut und Frust verbunden. Ein für Eltern unangenehmer, für Kleinkinder aber umso wichtiger Entwicklungsschritt. Denn es beginnt sich das erste Mal abzulösen und möchte selbstständig werden. Experten raten zu Tricks, mit denen sich typische Trotzanfälle mildern lassen:

Regeln, das heisst, Verbote überprüfen und diese klar kommunizieren (Faustregel: pro Altersjahr ein Wort!).

  • Dem Kind die Möglichkeit geben, sich frühzeitig auf Veränderungen in seinem Alltag einzustellen. Als Vorankündigung evtl. die Eieruhr stellen.
  • Das Kind in seiner Selbstständigkeit unterstützen – auch, wenns Zeit und Geduld braucht. (Hilf mir, es selbst zu tun!)
  • Sich eine dicke Haut zulegen und fremde Blicke abperlen lassen.
  • Bevor man die Nerven verliert: Aus dem Raum gehen (wenn möglich) und/oder Hilfe organisieren.

Förderung im Alltag

Die Ausbildung der menschlichen Nervenzellen wird durch Anregungen gefördert und verbessert. Je mehr Nervenzellen sich im Gehirn ausbilden und vernetzen, desto besser für die kindliche Entwicklung und die Fantasie. Kleine Kinder müssen täglich mit verschiedenen Elementen in Berührung kommen, um ihre Sinne zu gebrauchen und diese auszubilden. 

Farben, Klänge und Gerüche sind für Kinder deshalb elementar wichtig. Noch wichtiger als die «künstliche» Kleinkind-Förderung in Form von teuren Kursen ist, die Kinder an Alltäglichem teilhaben zu lassen. Salat waschen, Guetzli ausstechen, Velo pumpen, Wäsche aus der Trommel nehmen, den Garten jäten – im Familienalltag gibt es viele Gelegenheiten, Kinder miteinzubeziehen und zu beschäftigen. Die Welt begreifen, im eigentlichen Sinne des Wortes, ist für Kinder eine wichtige Erfahrung, die für ihre Entwicklung lebensnotwendig ist. 

Im Familienalltag gibt es viele Gelegenheiten, Kinder miteinzubeziehen und zu beschäftigen.

Geschmäcker sind verschieden …

Eltern wundern sich, dass Kinder, die von Ziegenkäse bis Rosenkohl alles gegessen haben, plötzlich nichts mehr anrühren, das Grün ist oder sonst irgendwie gesund aussieht. Natürlich ist Grünzeug wichtig für die Entwicklung, aber wenn es sich bloss um eine Phase handelt, ist es nicht weiter schlimm, wenn Kinder kein Gemüse essen. Den Vitaminmangel kann man vorübergehend auch mit Früchten ausgleichen. Es gibt aber doch ein paar Tricks, mit denen sich kleine Gemüseverweigerer überlisten lassen: 

  • Gemüse pürieren und eine Sauce – zum Beispiel zu Pasta – daraus zaubern. 
  • Eine Suppe daraus zubereiten.
  • Roh zum Knabbern geben.
  • Gemüse entsaften und einen gesunden Smoothie in einer auffallenden Farbe mixen. 
  • Aus dem Znüni-Rüebli etwas schnitzen (funktioniert auch mit Früchten).

Gute und schlechte Vorbilder

Sobald das Kind in den Kindergarten, in die Schule geht, wird sein Radius grösser und die fremden Einflüsse nehmen zu. «Für Leo zählt nur noch, was seine Lehrerin sagt», erzählt Jasmin von ihrem Erstklässler, «ich glaube, wenn sie behaupten würde, die Erde wäre eine Scheibe, würde Leo selbst das glauben!» Kinder, die neu zur Schule gehen, orientieren sich ganz selbstverständlich an den Grossen. Die älteren Schüler auf dem Pausenplatz sind ihre Idole – und nicht immer sind Eltern davon nur begeistert. So fallen zu Hause am Familientisch schon mal Wörter, über die man weit Ohren und Augen aufsperrt. Eine Tabu-Liste hilft, dass solche Wörter in den eigenen vier Wänden nichts zu suchen haben. Dass diese Regel konsequent durchgesetzt werden muss, versteht sich von selbst – und sie gilt auch für Mutter und Vater!

Zwischen acht und elf, sagt man, sei die angenehmste, friedlichste Zeit mit einem Kind. Sie bedeutet auch Ruhe vor dem Sturm – denn schon bald kommt die Pubertät mit all ihren Herausforderungen. Meist ohne Vorwarnung, eher wie ein Lichtschalter, der plötzlich angeknipst wird. Aber wie heissts so schön: «Pubertät ist, wenn die Eltern schwierig werden!»

Text Sybille Brütsch-Prévôt 

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