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Content Marketing

Sechs Beispiele, wie authentisches Marketing Erfolge brachte

08.06.2021
von Kevin Meier

Ein authentisches Marketing ist schon seit längerem vielen Unternehmen wichtig. Mittlerweile ist aber nicht nur der Eindruck entscheidend, sondern vor allem auch die damit einhergehende Transparenz.

Die Kundschaft sieht sich mit einer zunehmend grösseren Auswahl an Produkten und Dienstleistungen konfrontiert. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Konsumierende anhand neuer Kriterien für oder gegen einen Kauf entscheiden. Die Werbebranche musste auf die sich verändernden Bedürfnisse reagieren. Egal ob multimediale Kampagnen, Content Marketing oder virale Hits: Millennials und nachfolgende Generationen möchten kaum noch gesichtslose Unternehmen unterstützen. Ganz im Gegenteil, 18- bis 34-Jährige begrüssen es, wenn ein Unternehmen seine Werte kommuniziert und diese bestenfalls ihre eigenen widerspiegeln, wie der «5WPR’s Consumer Culture Report» erneut bestätigte.

Nur wenn die Werte transparent vorgelebt werden, wirken sie authentisch.

Authentizität heisst also das Gebot der Stunde. Denn durch eine authentische Kommunikation kann sich die Kundschaft auf einer persönlicheren Ebene mit dem Produkt oder dem Unternehmen identifizieren. Anders als bei kurzfristigen Hypes können Unternehmen durch authentisches Marketing eine längerfristige Beziehung zu ihrer Kundschaft aufbauen. An sich ist dieser Ansatz nichts Neues. Trotzdem scheinen sich noch nicht alle Unternehmen der Wichtigkeit der Authentizität im Klaren zu sein. Deshalb nachfolgend einige Beispiele authentischer Kampagnen, die erfolgreich einen loyalen Kundenstamm generierten.

Authentisches Marketing bei Lush

Viele Unternehmen sprechen über den Herstellungsprozess der Produkte, die wenigsten zeigen ihn auch. Nicht so bei Lush Cosmetics: Auf den eigenen Youtube-Kanälen werden seit 2014 bis heute kurze Videos zur Herstellung ausgewählter Produkte publiziert. In den «How It’s Made»-Videos wird das Wort den Mitarbeitenden selbst übergegeben, die erklären, in welchen Schritten der Herstellungsprozess abläuft. Dies beschwört in zweierlei Hinsicht ein Gefühl der Authentizität. Einerseits werden die Produkte und deren Inhaltsstoffe durch den gezeigten Prozess transparenter dargestellt. Andererseits wirkt das gesamte Unternehmen durch die Inklusion der Mitarbeitenden nahbar. Im Gegensatz zu einer Kommunikationsfachperson wird durch die ungeschliffenen Sprechenden ein Charme ausgestrahlt, den man kaum künstlich imitieren kann. Dieses Format erlaubt zusätzlich, die Unternehmenswerte implizit und explizit auf eine neue Art darzustellen.

 

Werte statt Produkte

Natürlich muss nicht das Produkt selbst im Mittelpunkt der Kampagne stehen. Anstelle dessen besteht auch die Option, die Unternehmenswerte ins Scheinwerferlicht zu rücken. Beispielsweise hat sich Starbucks wie so viele die Diversität auf die Fahne geschrieben. 2020 veröffentlichte Starbucks U.K. ihre «#whatsyourname»-Kampagne, der über die allgegenwärtigen Lippenbekenntnisse hinausgeht. Der Werbespot zeigt, wie ein trans Mann auch nach seiner Transition von Postboten, beim Arzt und sogar dem eigenen Vater noch mit dem alten Namen angesprochen wird. Erst bei Starbucks wird er, wie für die Kaffeekette üblich, nach seinem Namen gefragt und damit angesprochen. Die Botschaft der Kampagne ist klar: Alle werden als Kund:innen willkommen geheissen. Damit dies auch gelingt, arbeitete Starbucks mit der gemeinnützigen Organisation Mermaids zusammen, die sich für gender-diverse Junge einsetzt. Zur gleichen Zeit haben sie an Mermaids gespendet und zusätzliche Videos produziert, welche trans Menschen porträtieren. Denn nur wenn die Werte transparent vorgelebt werden, wirken sie authentisch.

 

Die Werte rigoros vertreten

Wie angedeutet, wird die geradlinige Kommunikation von Unternehmenswerten häufig als Lippenbekenntnis abgetan, wenn darauf nicht auch Taten folgen. Dahingehend muss sich Patagonia keine Vorwürfe machen. In ihrem Bestreben, ein grünes Unternehmen zu sein und dafür zu sorgen, dass nachhaltig konsumiert wird, haben sie bereits unzählige Kampagnen und Projekte gestartet. Die wohl ikonischste war ihre «Don’t Buy This Jacket»-Kampagne. An Black Friday 2011 liess Patagonia eine ganze Seite in der New York Times drucken. In dieser Anzeige stand der nachhaltige Konsum im Zentrum mit der Bitte an die gesamte Kundschaft, sich gut zu überlegen, ob man eine neue Jacke braucht. Die Empfehlung von Patagonia selbst war und ist noch immer, sich eher Secondhandkleidung zuzulegen. Die Bekleidungsfirma ging 2019 aber noch weiter und verweigerte Finanz- und Investmentfirmen Grossbestellungen ihrer Kleidung. Patagonia liess verlauten, dass sie komplett auf eine Kundschaft mit Öl-, Minen- oder anderen umweltschädlichen Geschäften verzichten möchten. Einzig Grossbestellungen von Unternehmen mit gewissen ethisch-ökologischen Standards werden entgegengenommen. Einen Teil der Kundschaft radikal abzulehnen mag dumm erscheinen, der Erfolg gibt Patagonia aber recht.

Auch Selbstkritik scheint sich zu lohnen.

Den Stimmen der Kundschaft eine Plattform geben

Einen anderen Ansatz hat die interne Marketingabteilung des Schweizer Onlineshops Digitec gewählt. Anstelle davon, auf Kundenstimmen mit einer Botschaft zu reagieren, machte Digitec diese kurzerhand zur Werbung. In Print, auf Plakaten und auf Social Media haben sie ab 2017 Kundenbewertungen zu Produkten in ihrem Shop wortwörtlich übernommen und unkommentiert platziert. Um die Ehrlichkeit der Kommentare hervorzuheben, wurden auch negative Bewertungen in die Kampagne aufgenommen. In TV-Spots geben Schauspieler:innen die Rezensionen zum Besten und stellen ganze Unterhaltungen der Kommentarspalte nach. In einer weiteren Wendung wurden Clips gedreht, die Bewertungen der Werbung selbst beinhalten. Ganz allgemein steht beim Marketing von Digitec noch immer die Kundenstimme im Mittelpunkt – und diese scheuen nicht vor negativen Kommentaren zurück.

 

Stolz darauf, schlecht zu sein

Unter radikaler Ehrlichkeit kann man Verschiedenes verstehen. Aber die Herangehensweise des Hans Brinker Hostels in Amsterdam lässt sich an Radikalität und Überspitzung kaum überbieten. Seit mittlerweile über 20 Jahren ist das Budgethotel stolz darauf, das schlechteste der Welt zu sein und macht damit ebenfalls Werbung. Immer wieder betont das Billighotel in etwaigen Kampagnen, dass man hier keine Annehmlichkeiten oder gar Dienstleistungen zu erwarten hat – und diese auch niemals kommen werden. Darüber hinaus stellte das Hostel 2012 auf ihrer Website klar, dass sie keinerlei Haftung für Lebensmittelvergiftungen oder Cholera übernehmen. Auf der einen Seite wird hier mit Ehrlichkeit die Unzulänglichkeiten des Hotels zelebriert. Auf der anderen sorgt die gleichzeitige masslose Überzeichnung dafür, dass die Erwartungen der Gäste tief und einfach zu übertreffen sind. Die Offenheit dem eigenen Status gegenüber, zusammen mit der grossen Portion Humor, scheinen zu funktionieren, wenn man die vielen Iterationen der Kampagne betrachtet.

Hier findet man eine grosse Auswahl der Printkampagnen und unten ein Beispiel eines Werbespots (Englisch):

 

Die Vergangenheit aufarbeiten

Ehrlichkeit kann sich auch in anderer Hinsicht lohnen: Eine Abrechnung der eigenen Fehler. Viele Unternehmen brüsten sich mit angeblich fortschrittlichen Verhaltensweisen in der Gegenwart. Dabei könnte es sich auszahlen, selbstkritisch und transparent die Vergangenheit aufzuarbeiten, indem man Fehler eingesteht und aufzeigt, wie man diese in Zukunft zu vermeiden gedenkt. Die belgische Zeitung De Standaard durchforstete ihr Archiv nach Mankos, um aus diesen zu lernen und besser zu werden. In der Kampagne «Rewrite your wrongs» zeigte De Standaard auf mehreren Kanälen Überschriften alter Ausgaben: diskriminierende Worte, falsche Schlussfolgerungen, nicht eingetroffene Prophezeiungen. Ein kurzer Text setzt die Headlines in Kontext, erklärt den Fehler und verspricht, dass diese Einsichten Teil eines fortdauernden Prozesses der Zeitung sind. Die ehrliche Selbstkritik scheint sich gelohnt zu haben, denn laut eigenen Angaben hat die Zeitung dadurch sechs Prozent mehr Abonnemente verkauft. Zudem gewann die Kampagne bei den «Creative Belgium Awards 2019» Gold in der Sparte «Brand Experience» und Silber in der Sparte «Press».

Offenheit gegenüber der Kundschaft wirkt authentisch und schafft Vertrauen.

Die Gemeinsamkeit der Kampagnen

All diese Beispiele und unzählige weitere könnte man als Werbegags abtun, schliesslich geht es für jedes Unternehmen darum, mehr Umsatz zu generieren. So wahr diese Aussage auch sein mag, die Kampagnen sind zugleich eine Antwort auf neue Bedürfnisse der Kundschaft. Wie eingangs erwähnt, erwarten jüngere Generationen, dass Unternehmen mit definierten Werten arbeiten und sich an diese halten. Die Konsumierenden interessieren sich zunehmend dafür, welche Prozesse hinter einem Produkt geschehen. Ein gewisses Mass an Transparenz gehört so gesehen zum Artikel dazu. Dabei kann diese verschiedene Formen annehmen: durchsichtige Produktion, klare Werte, darauffolgende Taten, ernst genommene Kundenstimmen, Ehrlichkeit oder Selbstkritik. Egal, für welchen Ansatz – oder Mix aus Ansätzen – man sich entscheidet, Offenheit gegenüber der Kundschaft wirkt authentisch und schafft Vertrauen.

 

Text Kevin Meier

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